Montag, 25. Juli 2016

Überall fremd? Vielleicht bist du einfach schuld?

Der Prophet, Friede und Segen auf ihm, sagte:
"Der Islam begann als etwas Fremdes und wird als etwas Fremdes zurückkehren. Und frohe Botschaft für die Fremden." (Bei Muslim überliefert - 2. Buch Hadith 389)

Komischerweise wird dieser Ḥadīṯ oft im Zusammenhang mit Szenarien zitiert, wo Erfolglosigkeit im Raum ist. 

Jemand wird bei einem Bewerbungsgespräch abgelehnt.
Jemand schafft seine Prüfungen nicht und bricht die Schule ab.
Jemand wird vor Gericht für eine Straftat bestraft.
Jemand kriegt sein Leben nicht auf die Reihe.

Und auf wundersame Art und Weise erklärt man sich all diese Misserfolge wodurch? Selbstverständlich mit dem Tawḥīd und dem Islām. "Es ist klar, dass die Kuffār uns nicht helfen und die wahren Muslime benachteiligen. Erst wenn man ein bartloser und rauchender Hobby-Muslim wird, eine Freundin hat und den Kuffār nacheifert, werden sie mit dir zufrieden und geben dir, was du willst." 

Ich gebe zu, das ist ein wenig überspitzt. Aber dennoch sind solche und solcherlei Einstellungen ein Teil unserer Realität. Wir finden Geschwister, die ihre Probleme und ihr Versagen immer auf andere schieben wollen. Sie sind zwar stolz auf ihre Religion, aber begreifen nicht, dass sie das Label "Muslim" gänzlich für ihre Identitätskrisen missbrauchen.

Der Islam ist in dem Ḥadīṯ nur deshalb als fremd bezeichnet worden, weil er allgemein immer und immer wieder eine hohe Anzahl an Verleugnern haben wird. Die ethischen und sozialen Gebote werden immer gegen die niedere Natur der Menschen sein. So wird man fremd, wenn man viel spendet, während die Mehrheit der Menschen geizt. Man wird fremd, wenn man denjenigen anlächelt, der einen gerade beleidigt. Man wird fremd, wenn man sich erniedrigt, nur um Frieden zu stiften. Man wird fremd, wenn man immer dankbar ist.

Der Lebendige (Al-Ḥayy) sagt im Qurʾān:

"Und nur wenige von meinen Dienern sind dankbar." (Sūrah Sabaʾ - Vers 13)

"Wahrlich ist Allāh voller Huld gegenüber den Menschen, jedoch danken die meisten Menschen nicht." (Sūrah al-Ġāfir - Vers 61)

Der Islām ist nicht der Grund für unsere Probleme meine lieben Geschwister. Der Islām ist sogar ein Grund für Vorzüge und für die guten Umstände. Diejenigen Muslime, die wir in der Geschichte sehen können und welche den Islām verinnerlicht haben, waren stets exzellente Persönlichkeiten. 

Unser Herr, der großzügig Vergeltende (Aš-Šakūr) sagt im Qurʾān:

"Und wir schrieben in den Psalmen (Zabūr) nach der Ermahnung, dass unsere rechtschaffenen Diener die Erde/das Land erben werden." (Sūrah al-ʾAnbiyāʾ - Vers 105)

Hier verbindet Allāh das Erbe der weltlichen Güter mit der Eigenschaft der Rechtschaffenheit. Die rechtschaffenen Diener haben also nie über ihre materiellen/weltlichen Umstände besorgt zu sein. Sogar wenn der rechtschaffene Diener in Armut lebt, weiß er, dass Allāh ihn die Versorgung geben wird und ohne zu jammern und ohne Erniedrigung weiß er in Dankbarkeit zu ertragen, was ihm an Zuständen widerfährt. 

Somit, meine lieben Geschwister, dürfen wir den Islām nicht dafür nutzen, um unsere Misserfolge zu erklären. Erfolg kommt durch die Taten, die wir tun und durch die Arbeit, die wir leisten, auf die Allāh Gnade, Huld und Segen folgen lässt. 

Wir sollten die Schuld immer bei uns selbst suchen, denn dies ist die Eigenschaft der Propheten, die ja die höchsten der Rechtschaffenen sind.

So erzählt uns der Allmächtige (Al-Ǧabbār) im Qurʾān ihre Geschichten:

"Und Sie (ʾĀdam und seine Frau) sagten: 'Unser Herr! Wir haben uns selbst Unrecht zugefügt. Und wenn du uns nicht vergeben solltest und dich unser nicht erbarmst, so werden wir ganz gewiss von den Verlorenen sein.' " (Sūrah al-ʾAʿrāf - Vers 23)

"Er (Mūsā) sagte: 'O Herr! Ich habe mir selbst Unrecht zugefügt, so vergib mir.' Da vergab Er ihm, denn Er ist ja der Allvergebende (Al-Ġafūr) und Barmherzige (Ar-Raḥīm)." (Sūrah al-Qaṣaṣ - Vers 16)

"Und auch der Mann mit dem Fisch (Yūnus), als er erzürnt wegging. Da meinte er, Wir würden ihm nicht den (Lebensunterhalt) bemessen. Und da rief er in den Finsternissen: "Es gibt keinen Gott außer Dir! Preis sei Dir! Gewiss, ich gehöre zu den Ungerechten." (Sūrah al-ʾAnbiyāʾ - Vers 87)

Hieraus erkennen wir also: Wenn die Propheten in eine schlimme Lage geraten sind, haben sie immer auf ihre Fehler zurück geschlossen. Sie haben erkannt, dass sie das Schlechte nur deshalb trifft, weil sie durch ihre Fehler etwas vorausgeschickt haben, was sie in Form vorn Erschwernissen wieder eingeholt hat.

Daher sollten wir uns nicht über die Menschen oder über das Land, in dem wir leben beschweren. Wir sollten nicht immer alles und jeden so interpretieren, als ob wir exklusiv als Muslime von allen gehasst werden und man uns gegenüber feindlich gesinnt ist. Es ist nämlich nicht so. Denn es kommt immer darauf an, mit welcher Brille wir die Realität betrachten. 

Wenn wir den Weg des Teufels gehen wollen, werden wir sagen:

"Ich bin besser als er" (Sūrah Ṣād - Vers 76)

So führt dies zu dem Verhalten, dass wir uns für etwas Besseres und Exklusives halten und von uns denken, dass wir perfekt sind und unsere Umwelt immer das Schlechte für uns will. Wir werden jeden wie einen Feind sehen und alle unsere Misserfolge werden wir auf andere schließen, statt einfach mal einzugestehen, dass wir selbst schuld sind.

Wer diese Stufe der selbstkritischen Haltung erreicht, wird erfüllt von Motivation und Tatendrang. Von Willenskraft und Demut. Denn man erkennt die Mängel im eigenen Selbst und an diesen kann und muss man arbeiten. Durch die Erkenntnis der eigenen Fehler, werden unsere Herzen weich und gebrochen vor unserem Herrn.

So wird im Musnad ʾAḥmad von Mūsā, Friede sei auf ihm, berichtet:

"Mūsā fragte: 'Wo soll ich dich suchen O Herr?'
Allāh antwortete: 'Suche mich bei denen, deren Herzen für mich gebrochen sind. Ich komme ihnen jeden Tag eine Armspanne näher. Würde ich dies nicht tun, so würden sie sicher verderben.' "

Wenn wir diese Gebrochenheit der Herzen anstreben, werden wir die Nähe zu Allāh spüren und wir werden spüren, dankbar und zufrieden zu sein, egal wo und unter welchen Umständen wir leben.

4 Kommentare:

  1. Allahumma Barik! Wunderschön, jazak Allahu khairan! Ich würde es gerne teilen, wenn es okay ist?

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    1. Wa anti faǧazākAllāhu ḫayran. Du kannst den Beitrag gerne teilen

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  2. Alhamdulillah, MashaaAllah, so klar und schön geschrieben
    Möge Allah mit dem besten belohnen für diese Arbeiten

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