Freitag, 8. Dezember 2017

Echte Probleme. Falsche Lösungen.

In diesem Beitrag möchte ich über ein allgemeines Problem reden. Bei diesem Problem geht es um Probleme selbst und wie die Menschen es nicht schaffen, ihre Probleme zu meistern, weil sie davor fliehen oder die Energien, die uns unser Schöpfer zur Verfügung gestellt hat, verschwenden und in falsche Dinge oder Lebensbereiche stecken.

Das Muster, über das ich sprechen möchte, lautet negative Konditionierung. Es ist das Verhalten, sich selbst durch Gewohnheit Handlungen oder Mittel anzugewöhnen, zu denen man neigt, wenn negative Zustände eintreten.

So sagt der Dichter:

Es gibt einem zu verstehen,
welche Umstände bestehen,
wenn man seine Mittel sieht,
zu denen man bei Trauer flieht.


Die menschliche Psyche funktioniert so, dass sie gerne Muster entdeckt und entwickelt, damit sie darauf zugreifen kann, um sich Denk- und Lösungsprozesse zu vereinfachen.

Durch die wiederholte Ausführung eines Verhaltens auf einen Zustand, kann man sich selbst konditionieren. Das heißt, dass man sich selbst eine Lösung oder eine Reaktion beibringt, die man in Folge eines eintretenden Zustandes ausführt.

Diese Reaktionen sind oft belohnende und positive Handlungen, die unmittelbar und auf hormoneller Basis durch Glückshormone (durch Ausschüttung von Dopamin und Endorphinen) das Problem psychisch mildern oder einem das Gefühl geben, als ob sie damit das Problem mildern würden.
Hieraus kann man sich schon ungefähr das Muster von Suchtkrankheiten entnehmen, bei denen Menschen süchtig nach etwas werden, was sie zu oft in Folge von allen möglichen Zuständen ausgeführt haben.

Daher werden diese Mittel, die diese Glückshormone hervorrufen auch oft ungewollt als Allzwecklösungen missbraucht, bis man sich dazu konditioniert, auf diese Mittel zuzugreifen, sobald man nur irgend einen Ansatz von psychischer Belastung empfindet.

Klassische Suchtmittel, die in der Suchtbehandlung gängig vorkommen, sind beispielsweise:

• Alkohol
• Zigaretten / Shisha 
• Alle anderen Arten von Rauschmitteln, die man als Drogen bezeichnet (Alkohol und Zigaretten gehören auch dazu, aber werden gesellschaftlich gesondert betrachtet)
• Sexuelle Stimulation: Geschlechtsverkehr, Pornografie, Masturbation
• Konsum von stark zuckrigen oder fettreichen Lebensmitteln, welche ebenfalls Glückshormone ausschütten
• Konsum von Medien (Alle Formen von Social Media Plattformen)
• Individuelle positive Reize, entsprechend dem, woran man selber einen positiven Bezug entwickelt hat

All diese Mittel können genutzt werden, um negative Belastung, wie Stress, Müdigkeit, Hunger, Kummer, Wut usw. zu "überschütten". Wenn man dies zur Gewohnheit gemacht hat, erzeugt der Körper ein Reiz-Reaktions-Muster, welches man als Konditionierung bezeichnet. Man hat sich selbst negativ konditioniert. Negativ, weil man diese positiven Hormonausschüttungen in Folge von negativen Zuständen hervorrufen möchte.

Nun folgt das Gehirn diesen Mustern, umso häufiger man sie ausübt. Sobald man sich an ein Muster fixiert hat, folgt auf eine jede negative Stimmung der Wunsch, auf diese Mittel zuzugreifen. Jetzt kommt ein weiteres Problem hinzu. Denn das Gehirn entwickelt sich mit und je häufiger man seine neuronale Struktur mit diesen Verhaltensmustern stimuliert und "belohnt", umso häufiger und heftiger möchte das Gehirn die nächste Ausschüttung erleben. Daher ensteht ein Steigerungsdrang. Das Gehirn möchte, dass man die Aktivität oder die Menge, mit der man sich "belohnt" steigert oder vermehrt und so kommt es zu exzessiver Ausprägung einer Sucht. Man erhöht die Anzahl der Zigaretten am Tag oder konsumiert immer mehr Süßigkeiten, wenn ein negatives Gefühl aufkommt.

Wie wirkt sich das auf das Leben aus? 

Erstens: Es ist ein schrecklicher Teufelskreis, der einen davon abhält, tatsächliche Lösungen für die Ursachen der negativen Gefühle zu finden. Man polarisiert oder verlagert die Lösung der Probleme nämlich auf Mittel, die das Problem nur übertönen, aber nicht wirklich lösen.

Zweitens: Kontrollverlust. Man verliert die Fähigkeit, sich selbst zu beherrschen oder zu disziplinieren und so ist man nicht in der Lage, andere Lebensbereiche ausreichend zu meistern.

Drittens: Insbesondere bei den sexuellen Stimulationen und Rauschzuständen (da auf diese Erschöpfung folgt) kommt es zu Energieverlust. Die körperlich biologisch vorgesehene Energie, die zur natürlichen Paarung und Pflege einer Familienbeziehung oder Ehe gedacht ist, wird verschwendet. So zeigt sich bei Betroffenen von Pornografiesucht häufig die Schwäche in der Erhaltung von Beziehungen in ehelichen als auch in nichtehelichen Verhältnissen (Freundschafts-, Familien und Bekanntenbeziehungen). Mangel an sozialer Kompetenz und anderen gesellschaftlichen Qualitäten.

Es ist daher eine bekannte Sache in der Prävention und Bekämpfung von Suchtkrankheiten, dass diese umso schwerer zu lösen sind, je weiter man darin verwickelt ist. Und gleichzeitig liegt die Lösung nicht in einer äußeren Instanz, sondern nur bei einem selbst. Denn der Betroffene muss sein Gehirn neu "polen" bzw. ausrichten und die frühere Konditionierung durch Entwöhnung beseitigen. Dies dauert oft lange Perioden der Enthaltsamkeit den Suchtmitteln gegenüber. Und wenn dies nicht durch Einsicht und eigenständige Disziplin gelingt, wird der Betroffene sich nicht aus diesem tiefen Graben herausholen können.

Daher müssen Suchtkrankheiten durch motivierende Instanzen und guter Beratschlagung begleitet werden. Es bedarf einer großen Menge Motivation durch den Betroffenen und einer im besten Fall beratschlagenden und beaufsichtigenden Instanz.

Dieses Thema ist sehr wichtig, da die oben beschriebene Realität leider sehr viele Muslime betrifft und viele entweder ihre Probleme nicht als Probleme wahrnehmen wollen/können oder sich nicht trauen, Hilfe zu ersuchen. Es ist keine Schande, bei solchen Problemen professionelle Hilfe zu ersuchen, auch wenn man dabei von Nichtmuslimen behandelt wird.

Möge Allāh uns davor bewahren, unsere Probleme mit Suchtmitteln zu verdrängen und möge Er uns helfen, unsere Probleme auf richtige Art und Weisen zu lösen. Āmīn

Das Problem bei den Meinungsverschiedenheiten im Fiqh

Kamāl ad-Dīn al-Udfuwī¹ (gest. 747 n.H.): „Bei den umstrittenen Rechtsfragen (masāʾil al-ḫilāf), zu denen kein spezifischer und definitiver ...