Freitag, 18. November 2016

Nutze deine Zeit!

Liebe Geschwister. Ich möchte heute über ein Konzept reden, was in den Schriften über das Schicksal thematisiert wird. Es geht um die Frage, wie der Diener mit den Umständen in seinem Leben umgehen soll. 

Das Konzept ist auf einer Grundidee aufgebaut, welche aus zwei Elementen besteht:
  1. Taten, die ein Diener aus freien Umständen heraus tun kann.
  2. Taten, zu dem ein Diener aufgrund äußerer Umstände geführt wird.
Zu der ersten Gruppe gehören so gut wie alle Gottesdienste (ʿIbādāt). Auch wenn uns einige Gottesdienste verpflichtend auferlegt wurden, zählen sie zu dieser Gruppe, da wir sie tun, weil wir uns aus freien Umständen heraus dazu entschließen, diese zu praktizieren.

Die zweite Gruppe besteht aus den Gottesdiensten, welche sich dem Diener aufgrund bestimmter Rahmenbedingungen aufzwingen. Das einfachste Beispiel ist die Geduld während einer Prüfung (Muṣība). Die Umstände, die einem Leid und Sorge bereiten, kommen von äußeren Umständen und es ist daher unausweichlich, dass der Diener ihre Wirkung spürt. Nun kann er jedoch daraus für sein Jenseits profitieren, indem er geduldig ist und in Genügsamkeit und Dankbarkeit erträgt, was ihm auferlegt wurde.

Ein weiterer Gottesdienst, welcher in diese Kategorie fällt, ist der Ǧihād, in dem Sinne, dass der Muslim für den Ehre Verleihenden (Al-Muʿizz) in den Kampf zieht, weil er den jeweiligen Umständen unterliegt. Die Umstände des offiziellen Ǧihād sind, dass ein muslimischer Herrscher den Ǧihād ausruft und somit die Farḍ al-Kifāya (eine Pflicht, die nur von einer Gruppe der Muslime eingehalten werden muss) eintritt, und im Falle des individuellen Aufrufs durch einen Herrscher auch eine Farḍ al-ʿAyn (individuelle Pflicht) zustande kommen kann. 

Diese klassische Darstellung des Ǧihād unterliegt in heutiger Zeit wie im Falle der islamischen Dynastien zu sehen, den jeweiligen Dynastien. So sind große Gelehrte wie ʿAbdullāh Ibn al-Mubārak und Ibn Taymiyya in ihren jeweiligen Dynastien in den Ǧihād gezogen, weil der Ǧihād ausgerufen wurde. Der Ǧihād, der unter einer autonomen Dynastie geführt wird, unterliegt somit der Befehlsgewalt der Dynastie und die Bürger dieser Dynastie unterliegen der jeweiligen Regelung.
Wir finden jedoch heutzutage Streitigkeiten über die Umstände im nahen Osten und inwiefern es sich um Ǧihad handelt und ob es sich gehört, dass Muslime von Außen in Kriegsgebiete reisen, um dort diese Pflicht auszuführen. Es ist ein unklarer Fall, weil die Umstände anarchistische Züge angenommen haben und man kein allgemeines Urteil fällen kann und auch nicht alle Muslime auf der Welt für einen regionalen Kriegsfall zur Verantwortung ziehen kann. Daher obliegt das Urteil der Zeit, den Gelehrten der Zeit und des Ortes und somit soll nicht weiter darüber gesprochen werden.

Der Grund, warum ich diesen kleinen Exkurs über den Ǧihād gemacht habe ist, um zu verdeutlichen, dass er zur zweiten Kategorie von Taten gehört und wenn wir die heutigen Umstände einbeziehen, diese Art von Konflikten vielen Unklarheiten ausgesetzt ist.

Nun gibt es unter den Muslimen leider einige unwissende und unsachliche Menschen, die nicht im Krieg leben, sich jedoch den ganzen Tag mit dem Thema beschäftigen. Sie verfolgen das Leid der Muslime und vermitteln einen Eindruck, als ob der Krieg an erster Stelle stehe und die ganze Welt und jedes Individuum ihre Blicke darauf zu richten hätten. Sie untersuchen und bewerten die politischen Ambitionen und die Führer der einzelnen Staaten und ärgern sich tagein tagaus über vieles, worüber sie kein Wissen haben.

Allāh, der König (Al-Malik), der Urheber (Al-Fāṭir) und Schöpfer (Al-Ḫāliq) der Himmel und der Erde und aller Schöpfung und alles Seins, sagt im Qurʾān:

"Und verfolge nicht das, wovon du kein Wissen hast! Wahrlich, Gehör, Augenlicht und Herz, - all diese-, danach wird gefragt werden." (Sūrah al-ʾIsrāʾ - Vers 36) 

Nun kommen wir zur eigentlichen Botschaft dieses Artikels:

Kein Diener, der sich selbst und seinem Herrn gegenüber ehrlich ist, sollte die Taten preisen und anstreben, die an äußere Situationen gebunden sind, wenn er nicht einmal in der Lage ist, die Taten zu pflegen, die man aus freien Umständen heraus praktiziert.

Wir haben jeden Tag Zeit. Jeden Tag haben wir Zeit, um ein wenig die Worte unseres Herrn zu rezitieren. Jeden Tag haben wir Zeit, um einige Verse aus dem Qurʾān auswendig zu lernen. Wir haben (insbesondere im Winter) lange Nächte, von denen wir winzige zehn Minuten aufopfern können, um das Nachtgebet zu beten. Wir haben im Winter kurze Tage, um freiwilliges Fasten zu üben. Wir haben so viel Zeit, doch nutzen wir sie nicht. Wir machen uns so viel vor, indem wir uns mit Themen beschäftigen, die uns kein Stück unserem Herrn nähern und uns im Jenseits um keine Stufe erhöhen. Wir hängen an Vorstellungen und Fiktionen fest, die uns nur aufhalten...

Und so sage ich mir als auch dir mein lieber Bruder/meine liebe Schwester: 

Sei nicht töricht und nutze deine Zeit, wenn du ehrlich zu dir und zu Allāh bist. Wenn du meinst, dass du Seine Religion liebst und den Einsatz auf Seinem Wege schätzt, dann schätze nicht nur den kämpferischen Einsatz, der nicht zwingend jedem zuteil wird, sondern beweise deinen Glauben, indem du handelst, wo dir Zeit, Gesundheit und Frieden gewährt wird, denn nach all diesen Gaben, wirst du befragt werden.

"Bei der Zeit! Die Menschen sind wahrlich im Verlust; außer denjenigen, die glauben und gute Werke tun und sich gegenseitig die Wahrheit ans Herz legen und sich gegenseitig zur Geduld anhalten." (Sūrah al-ʿAṣr, Vers 1-3)

Freitag, 28. Oktober 2016

Beschwere dich nicht!

Meine lieben Geschwister. Heute möchte ich darüber reden, wie gewaltig es ist, dass der Diener sich Allāh in ein einer Haltung nähert, mit der er seine Unzufriedenheit mit Allāhs Bestimmung äußert oder sich sogar beschwert.

Der ehrenwerte Gelehrte ʿAbdul-Qādir al-Ǧīlānī sagte:

"Wenn du dich also über Ihn (Allāh) beschwerst, während es dir gut geht, du Wohltaten besitzt und dennoch eine Vermehrung verlangst, während du das Vermögen ignorant übersiehst, was du an Wohltaten und Wohlbefinden besitzt, dann wird Er dir erzürnen und diese (Wohltaten) von dir entfernen, deine Beschwerde verwirklichen[1], dein Übel vervielfachen und deine Strafe, die Abneigung und die Abscheu vor dir verstärken. Dann wirst du vor seinem Angesicht in Ungnade fallen. Hüte dich daher aufmerksam davor, dich zu beschweren, sogar wenn man dein Fleisch abtrennen und mit Scheren zerschneiden würde." (Futūḥ al-Ġayb, Fī an-Nahī an aš-Šakwā)




[1] Das heißt, dass Allāh die Beschwerde nun zutreffen lässt, indem er ihn in ein Übel stürzt. Denn es wird vom Propheten (ṣ) berichtet, dass er Allāhs Rede wiedergebend sagte: „Ich bin zu Meinem Diener so, wie er über Mich denkt.“ (Ṣaḥīḥ al-Buḫārī, Ḥadīṯ 7505)

Es ist wichtig, dass der Diener seine Situation einzusehen und abzuwägen hat. Ein großer Fehler, den viele begehen ist, dass sie die Prüfungen, Strafen oder das Leid, welche von Allāh auferlegt werden, nicht für berechtigt empfinden und sie fühlen sich nicht in der Lage, diese zu meistern und werfen Allāh vor, ungerecht und unfair zu sein.

Zuerst sei gesagt, dass der Gerechte (Al-ʿAdl) im Qurʾān sagt:

"Keiner Seele wird auferlegt, was sie nicht zu tragen fähig wäre." (Sūrah al-Baqara, Vers 233, 286 u.a.)

Es ist daher ersichtlich, dass der Vorwurf, Allāh würde mit etwas belasten, zu dessen Geduld eine Seele nicht in der Lage wäre, falsch und abzuweisen ist.

Was die anderen Aspekte angeht, so sei gesagt, dass der Mensch auf zweierlei Arten mit dem Schicksal umgehen muss:

1. Durch die Betrachtung: Der gläubige Diener hat das Schicksal zu begutachten. Er entnimmt daraus gewisse Hinweise und versucht zu verstehen, was Allāh mit der Formung seiner Umstände bezwecken möchte. Denn es ist Allāh, der das Frühere und das Spätere kennt und Er ist aller Dinge kundig. Er mag daher im Schicksal Dinge verhindern, aufhalten, abweisen, gewähren oder sogar auf Dinge hinweisen. So zum Beispiel erkennen wir an der Entwicklung unseres Schicksals, ob etwas gut oder schlecht für uns ist. Derjenige, der die Istiḫāra betet, möchte gewiesen werden und achtet daher, wohin Allāh einen lenken möchte.

Eine weitere Sache, die der Diener durch das Schicksal erfassen kann, ist die Vermutung darüber, wie die eigene Stellung bei Allāh sein könnte. Wenn man erkennt, dass Allāh gewisse Umstände erzeugt, die darauf hinweisen, dass man nicht mehr vollständig unter seiner Gunst steht, dann muss der Diener bedacht sein, daraus zu entnehmen, dass er durch Sünden und Fehler Allāhs Gunst verspielt hat.

So ist Allāh der Verdeckende (As-Sattār), der die Sünden immer und immer wieder verdeckt. Wenn du aber siehst, dass Allāh deine Sünden veröffentlicht, dann frage dich, was du getan hast, dass er dich damit entwürdigt.

2. Durch die Wirkung: Der Gläubige lässt das Schicksal auf sich wirken. Er erträgt die Strafen und die Prüfungen und er ist frohen Mutes, dass er eine Möglichkeit bekommt, seine Sünden wieder gut zu machen und sich in der Geduld zu üben. Er erträgt die Erschwernis und hofft auf Allāh und sucht bei Ihm Beistand und Hilfe, bis Allāh das Übel abwendet. So gelangt der Diener zu neuer Liebe und Gottesfurcht.

Allāh der Unabhängige (Al-Wāǧid) sagt im Qurʾān:
"Und wenn Wir die Menschen Barmherzigkeit kosten lassen, freuen sie sich darüber; doch wenn sie ein Übel um dessentwillen trifft, was ihre eigenen Hände vorausgeschickt haben, siehe, dann verzweifeln sie." (Sūrah ar-Rūm, Vers 36)

Der Mensch darf an der Prüfung nicht verzweifeln. Er hat sie geduldig zu ertragen und er muss sich fragen, was er denn mit seinen Händen vorausgeschickt hat, auf dass Allāh ihn damit bestraft. Er muss sich selbst zur Rechenschaft ziehen und die Sünden und Fehler, die er ausfindig macht, bereuen.

Im weiteren Verlauf der Sūrah sagt unser erhabene Herr:
"Unheil ist auf dem Festland und auf dem Meer sichtbar geworden um dessentwillen, was die Hände der Menschen gewirkt haben, auf dass Er sie die (Früchte) so mancher ihrer Handlungen kosten lasse, damit sie (zur Wahrheit) zurückkehren mögen."(Sūrah ar-Rūm, Vers 41)

Es ist an Versen dieser Art, die oft im Qurʾān vorkommen ersichtlich, dass der Mensch viel Übel, was er erleidet, selber verursacht. 

So sagt der Wahre (Al-Ḥaqq) im Qurʾān:
"Wenn Wir dem Menschen von Unserer Barmherzigkeit zu kosten geben, so freut er sich über sie. Doch wenn ein Unheil sie um dessentwillen trifft, was ihre Hände vorausgeschickt haben - siehe, dann ist der Mensch undankbar." (Sūrah aš-Šūrā, Vers 48)

Der Mensch ist dazu geneigt, die Fehler von sich zu weisen und sich nicht als das Problem anzusehen. So neigt der Törichte dazu, Allāh als den ungerechten Herrn dastehen zu lassen, der ein ungerechtes Übel zuließe. Doch ist dem nicht so und dies gehört es zu bedenken.

So sagte der ehrenwerte Gelehrte 
ʿAbdul-Qādir al-Ǧīlānī:

"Was den Menschen an zahlreichem Übel trifft, das trifft ihn meist wegen seiner Beschwerde über seinen Herrn. Wie kann er sich über seinen Herrn beschweren, der doch der Barmherzigste der Barmherzigen, der gerechteste Richter, der Allweise, Allkundige, der Weichmütige, der Gnädige und Gütige gegen seine Diener ist?" (Futūḥ al-Ġayb, Fī an-Nahī an aš-Šakwā)

Daher sollten wir uns immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass wir uns über unsere Situation bewusst werden und uns vom Lauf des Schicksals belehren lassen sollten.

"Und alles hat bei Ihm ein (rechtes) Maß" (Sūrah ar-Raʿd, Vers 8)

Sonntag, 16. Oktober 2016

Einige Worte zum menschlichen Paarungsverhalten

Ich wurde gefragt, inwiefern die Verschleierung bei Frauen ein Interesse hervorrufen kann und inwiefern sich die Verschleierung auf ihre Attraktivität auswirkt.

Die Fragestellung, inwiefern verschleierte Frauen anziehend wirken können und ob die Verschleierung sexuelle Anziehung hemmt oder nicht, ist differenziert zu betrachten.

Es gibt eine physiologische und eine psychologische Ebene.

Die physiologische Ebene beinhaltet die biologischen Paarungsmuster des Menschen. So dass man im Lichte der natürlichen Anziehung bei dem Partner auf bestimmte Sachen achtet, die paarungsbedingt das Interesse hervorrufen. Die physiologische Ebene ist bei jedem anders ausgeprägt. Wenn man eine physiologisch starke Ausprägung hat, wird man immer auf die äußerlichen Faktoren achten, die unterbewusst und rein biologisch die Hinweise darauf geben, welche Personen "fruchtbarer" oder angemessener sind für die Fortpflanzung. Dazu sei nur so viel gesagt.

Die psychologische Ebene ist etwas umfangreicher.

Es gibt die Ebene der Vorstellungen und die Ebene der Normen.

Die Vorstellungen sind Gewisse "Meinungen", an denen man festhält. Dazu gehören sozio-ethnische (kulturelle) Vorstellungen und individuelle Wünsche. So hat ein Mensch nur Gefallen an einem gewissen Kulturkreis oder er hat aufgrund seiner persönlichen Entwicklung an bestimmten anderen Aspekten Gefallen, die sich je nach Mensch unterscheiden.
(An der Ebene der Vorstellung hält man fest, weil man denkt, dass man daran festhalten müsste. Sie sind nicht notwendig, sondern eingetrichtert oder durch Umstände entstanden, wodurch man sich an diese gebunden hat. Diese Vorstellungen sind künstlich.)

Und dann gibt es die Normen. Diese sind die sogenannten "inneren Werte" oder der Charakter. Der Charakter bestimmt das Denken und die Persönlichkeitszüge des anderen. Welche Religion, welche Ideen, welche Ideologien, welchen Humor, welchen Wertmaßstab, welches Level des Intellekts eine Person besitzt usw.

Die Normen-Ebene ist das Gegenstück zur biologischen Ebene. Wenn man biologisch nach einem Partner sucht, ist man wie ein Tier. Wenn man die Ebene der Normen hinzuzieht, dann bringt man die Komponente der Menschlichkeit mit hinein, die Ebene der Vernunft und des Intellekts.

Je nachdem, wie sehr welche Ebenen ausgeprägt sind, werden sich die Prioritäten bei der Partnerwahl anpassen. 

Nun zu der Frage mit der Verschleierung:

Die Verschleierung gehört zu den Normen. Eine Norm, die die Funktion hat, dass Frauen ihre biologischen Reize verdecken, damit das tierische in einem Mann nicht in Verlegenheit gerät.

Wenn man nun Interesse an einer Frau hat, die sich der Norm gemäß bedeckt ohne dass man sie genauer kennt, dann nur deshalb, weil man mit der Norm eine gewisse (künstliche) Vorstellung verbindet. Zum Beispiel, dass ein Mann denkt, dass jede Frau mit einer gescheiten Bedeckung eine rechtschaffene Frau ist. Dies ist ein Trugschluss und an so einer Vorstellung müsste man logischerweise festhalten und sie künstlich aufrecht erhalten, damit sie wie ein Fakt wirkt.

Noch schlimmer ist es, wenn jemand eine bedeckte Frau sieht und das auch noch sexuell anziehend findet. Denn das bedeutet, dass man unter der normativ verdeckten Frau seine Vorstellungen von einer biologisch-anziehenden Frau erzeugt. Da man nicht weiß, wie diese Person physisch ausgeprägt ist, erzeugt man die Vorstellung von dem, was man sich wünscht. Man denkt sich seine Wünsche da rein. 

So sagte Saʿdī:
Wie mancher Wuchs scheint schön und schlank, vom Schleier wohl bedeckt:
Ein altes Mütterchen ist's nur, wenn man ihn aufgedeckt.

Daher können wir hier folgende Konflikte nennen:
1. Eine zu starke Ausprägung der biologischen Orientierung, so dass alles andere in den Hintergrund fällt und man nach tierischen Mustern nach einem Partner sucht.
2. Eine starke normative Ausprägung, welche durch Zugabe von eigenen Vorstellungen dazu führt, dass man normativ etwas erhofft, was nicht notwendig stimmen muss. So dass man hinter der Verschleierung oder hinter einem Bart die Vervollkommnung der Tugenden erhofft.
3. Eine Starke Ausprägung der biologischen Orientierung und die Irreführung durch die Vorstellungen, so dass das normativ Unbekannte/Verdeckte aufgrund der fehlenden Details so fantasiert wird, als ob es der biologischen Vorstellung dieser Person entsprechen würde.

Die Probleme kommen somit durch falsche Vorstellungen zustande. Die Zugabe von Vorstellungen "verschleiert" die Sicht und das Urteil. So macht man sich ein eigenes Maßstab und bildet sich eine eigene Realität.

Samstag, 10. September 2016

Rebellieren oder beten?

Die Muslime haben in der jüngsten Zeit viele einzelne Bewegungen geformt, die die Motivation haben, sich gegen Ungerechtigkeit aufzulehnen, indem man rebelliert oder Aufstände verursacht oder andere Methoden anwendet, mit denen man einem Unterdrücker-Regime die Stirn bieten möchte.

Diese Einstellung gab es schon öfter in der Geschichte und wenn wir uns ein wenig in historische Details hineinbegeben, so sehen wir, dass keine Rebellion oder Revolution wirklich etwas gebracht hat. Sogar die hochgelobte Französische Revolution war schmutziger, grausamer und chaotischer als gerne dargestellt werden möchte.

Das Problem, was sich bei den Muslimen heutzutage zeigt, ist die Tatsache, dass sie denken, dass ihre eigene Hand sehr viel verursachen könnte. Dieses Problem haben wir bereits in einem früheren Beitrag besprochen und dazu folgenden Vers erwähnt:

"Nicht ihr habt sie getötet, sondern Allāh hat sie getötet. Und nicht du hast (den Pfeil) geworfen, sondern Allāh hat (den Pfeil) geworfen. Auf dass Er den Gläubigen damit einer schönen Prüfung unterzieht. Gewiss, Allāh ist Allhörend (Samīʿ), Allwissend (ʿAlīm)."(Sūrah al-ʾAnfāl - Vers 17)

Daher ist es zumindest eine Überlegung wert, dass wir versuchen zu verstehen, wie Wirkung überhaupt entsteht. Wenn Wirkung entstehen soll und eigentlich Allāh alles erledigt, warum sollten wir dann überhaupt etwas tun? Könnte man sich fragen. So einfach ist das aber nicht. Man soll schon etwas tun, aber zwei Bestandteile der Rechnung beachten:

1. Bewusstsein: Das Bewusstsein vor Handlungen muss so ausgelegt sein, wie Allāh es in dem oben erwähnten Vers beschreibt. Wir müssen uns darüber bewusst werden, dass jede Tat nur deshalb eine Wirkung erzielen kann, weil Allāh es so bestimmt. Dies fehlt uns. Wir halten nicht mehr daran fest, dass Allāh etwas erzielt. Vielmehr sind wir, wie bereits erwähnt, immer darauf bedacht, dass wir von uns selbst viel Wirkung erwarten. Dieser wichtige Bestandteil des Gottesvertrauens (Tawakkul) fehlt bei den meisten Muslimen.

2. Richtige Handlung: Um die im ersten Punkt erwähnte Wirkung erzielen und erreichen zu können, müssen wir wissen, wie wir mit unserem Herren zu handeln haben, damit er uns eine Wirkung gewährt.

Und dafür schauen wir auf die Worte des umfangreich Gewährenden (Al-Bāsiṭ) im Qurʾān:

"Und es glaubten Musa nur junge Leute aus seinem Volk, trotz ihrer Furcht vor dem Pharao und der seiner Heerscharen - davor, dass er sie in eine Versuchung bringt. Pharao war ja überheblich im Land und gehörte wahrlich zu den Maßlosen.

Und Mūsā sagte: "O mein Volk, wenn ihr wirklich an Allāh glaubt, dann verlässt euch auf Ihn, wenn ihr (Ihm gegenüber) Ergebene seid."

Sie sagten: "Auf Allāh verlassen wir uns. Unser Herr! Mache uns nicht zu einer Versuchung für das Volk der Ungerechten - und errette uns durch deine Barmherzigkeit von dem ungläubigen Volk!" "(Sūrah Yūnus - Verse 83 -86)

Soweit so gut. Die Gefolgsleute Mūsās werden also unterdrückt und sie bitten ihren Herrn um Beistand und Hilfe. Was mag unser geliebter Herr nun für einen Vorschlag geben? Rebellion? Aufstand? Posten von emotionalen Facebook-Beiträgen? Nein...

Der Beistehende (Al-Waliyy) sagt als Antwort auf die Bittgebete folgendes:

"Und wir gaben Mūsā und seinem Bruder ein: "Weiset eurem Volk in Ägypten Häuser zu und macht eure Häuser zu Gebetsstätten und verrichtet das Gebet. Und verkünde den Gläubigen frohe Botschaft." "(Sūrah Yūnus - Vers 87)

Macht eure Häuser zu Gebetsstätten? Aha? Und was soll das bringen? Davon wird ja kein Diktator/ungerechter Herrscher gestürzt. - Denken sich diejenigen, die kein Vertrauen auf ihren Herrn haben und nicht daran glauben, dass Allāh der Verwalter aller Dinge ist. 

Das ist unser Problem. Wir denken immer, dass wir unmittelbare Wirkung erzielen müssen. Aber nein. Vielmehr müssen wir erst unsere Häuser zu Gebetsstätten machen und dadurch Allāhs Wirkung "erkaufen" und daraufhin werden unsere Handlungen eine Wirkung erzielen können. Manchmal müssen wir nicht einmal handeln und Allāh lässt die Ungerechten von selbst zugrunde gehen. Aber dafür müssen erst einmal die Muslime aufwachen und diese Prinzipien einhalten.

So verrichtet das Gebet und entrichtet die Pflichtabgabe (Zakāh) und haltet an Allāh fest. Er ist euer Schutzherr. Wie trefflich ist doch der Schutzherr (Al-Mawlā) - und wie trefflich ist der Helfer (An-Naṣīr)!" (Sūrah al-Ḥaǧǧ - Vers 78)


Sonntag, 21. August 2016

Hiǧra Airlines - Günstige Preise zum Mond

Krieg. Jeder von uns hat schon mal davon gehört. Große Kriege wie die Weltkriege haben wir vielleicht nicht miterlebt, aber ich denke jeder von uns hat schon von Kriegshandlungen im Nahen Osten oder damals in Tschetschenien oder Afghanistan gehört und jedes Mal gab es viel Aufschrei, dass die Muslime dabei die Unterdrückten waren und für Haqq kämpfen mussten. Für einen islamischen Staat, für ein Kalifat, gegen die Demokratie usw.

Aber wusstet ihr, dass schon ab 1147 die sogenannten  Al-Muwaḥḥidūn (lat. Almohaden) in Andalusien für ein Kalifat gekämpft haben? Gegen ihre eigenen Brüder. Davor herrschten dort die al-Murābiṭūn (lat. Almoraviden). Wenn man sich die Geschichte von Andalusien durchliest, fühlt es sich nicht so brutal an, wie wenn wir über heutige Ereignisse im Nahen Osten lesen. Es wirkt vielmehr wie Geschichte, bei der man sagt: "das war alles damals/ ist schon lange her". 

Aber Fakt ist, dass dort innerhalb vieler Jahrhunderte verschiedene muslimische "Reiche" gegründet und gestürzt wurden. Muslime bekämpfen Muslime und teilweise verbünden sich Muslime mit christlichen Grafschaften, um gegen ihre eigenen Brüder zu kämpfen... Für einige klingt dieses Szenario sehr vertraut. Wenn man sich in den heutigen Syrien-Konflikt einliest, findet man genau solche Darstellungen.

Wisst ihr, was die alten und heutigen Schlachten und Kämpfe und Kriege verbindet? Es ist die Gewissheit jeder Anhänger, dass er für eine große Sache kämpft. Für seine Wahrnehmung von der Wahrheit. Jeder könnte sein ganzes Hab und Gut für seine "Mannschaft" verwetten, aufgrund der Vorstellungen und Überzeugungen, die durch Glaubenselemente geschmückt und in die Köpfe der Menschen eingehämmert wurden.

Heutzutage kommt noch der Faktor hinzu, dass wir alle kriegerischen Handlungen mit einer sehr großen Portion Emotionen und Unsachlichkeit schmücken können, weil viele Menschen ungerechterweise getötet werden. Kinder, Ältere und Frauen. Das ist natürlich traurig. Sehr sogar. Aber diese Trauer und diese große Menge an Mitleid, die wir für all diese Menschen aufbringen müssen, führt dazu, dass wir 1. unseren Mitleid pro Person sehr klein portionieren ("Sekundenmitleid") und 2. dabei alle Gehirnbereiche ausschalten, die für das vernünftige Denken zuständig sind.

Plötzlich wird jeder ungerechte Soldat der bösen Armee verflucht und beleidigt und Flüche auf ihn und seine Sippe gesprochen. Doch so einfach ist das nicht. Wer sich ein wenig mit Politik und Kriegswesen beschäftigt hat, der weiß ganz genau, dass die Probleme nicht mit der Verurteilung gelöst werden sondern mit Verständnis. Ein weiser Mann sagte einst: "Sei dir bewusst, dass derjenige, der dir unrecht tut, dies mit dem Bewusstsein tut, dass er im Recht ist."

Jeder denkt, dass er im Recht ist. Jeder denkt, dass er für das Richtige kämpft. Auch wenn dabei Kinder und Frauen sterben müssen. Jeder macht sich zu einem Sklaven eines großen Schauspiels. Zwei "Mannschaften" treten einander an, jeder hat seine Fans und Befürworter. Jeder macht sich zu einem Sklaven, indem er sich unter eine Ideologie einordnet und wer sind diejenigen, die dabei keine Schuld tragen? Es sind diejenigen, die unglücklicherweise genau dort gewohnt haben, in denen zwei Mannschaften ihr Schachspiel austragen. 

Und dann gibt es noch die schlauen Personen im Westen, die mit den hiesigen Mitteln ihre gesamte Religion lernen und zu Gelehrten werden KÖNNTEN und damit den Wissensstand der Muslime anheben könnten aber lieber von den Emotionen angetrieben handeln und den ganzen Tag auf sozialen Netzwerken jammern und von der Hiǧra träumen in das Land der Erlösung. Schnell noch einige passende Gelehrtenaussagen und Überlieferungen des Propheten zusammenkratzen, damit man das jeweilige Land als das heilige Land labeln kann, damit man jeden Antrieb dahin islamisch rechtfertigen kann. Als ob es nicht schon zuvor zahlreiche Kriege in diesen Gebieten gegeben hätte und der Messias ist bei keinem dieser Kriege aufgetaucht. 

Jeder erhofft sich die Verwirklichung seiner Vorstellungen und Fantasien, gefüllt von emotionalen Dramen und dem Inhalt eines Actionfilm-Drehbuchs. Weinende Kinder und zerstörte Häuser füllen unseren News-Feed und das einzige, was man hinkriegen will, ist das Posten von passenden Aussagen und Versen und Überlieferungen und das Erzeugen von düsterer Atmosphäre und Pseudo-Depressionen, an denen man sich aufhängt und dann am Ende doch nichts zustande bringt.

Weder lernt man eine Seite des Qurʾāns auswendig, noch lernt man etwas anderes über seine Religion, noch bringt man anderen etwas bei, noch hilft man anderen und man lebt und endet als nutzlose Person, die sein Leben lang von irgendwelchen Auswanderungen träumt und sich die Welt auf unschönste Art und Weise ausmalt, damit man weiterhin innerhalb dieser ganzen traurigen Nachrichten im Suff der eigenen Untätigkeit zufrieden bleiben kann.

Wer richtig handeln will, muss selber nachdenken. Denn die meisten Menschen, die nicht nachdenken, erreichen nichts, als dass unschuldige Bürger darunter leiden und Menschen sich dafür aufopfern müssen, dass diese unschuldigen Personen entweder von diesen Kriegen entfernt werden oder medizinisch oder anderweitig versorgt werden müssen. Politische Konflikte werden als Spiel zwischen teuflischer Machtbesessenheit und angeblich religiös heiliger Motivation geführt und dabei in Kauf genommen, dass das Leben von Hunderttausenden von Menschen zur Hölle wird.

Politik ist ein jämmerliches Spiel. Und diejenigen, die sich tagtäglich pseudopolitisch in diese Diskurse einbringen, machen sich nur lächerlich. Sie erreichen nichts und sie bewirken nichts und sie verstehen nichts und sie denken, dass sie die Welt verstanden hätten, weil irgendwelche Facebook-Prediger oder Theoretiker gut geschnittene News-Sendungen raus bringen und in wenigen Minuten die ganze Welt erklären wollen.

Wir müssen unsere Prioritäten ändern. Wir müssen unser Verhältnis mit unserem Herrn verbessern und wir müssen uns von allen Zwängen befreien. Wir müssen das Bewusstsein wiederbeleben, dass Allāh derjenige ist, der die Welt in Ordnung bringt. Daher müssen wir aufhören, so verkrampft bestimmen zu wollen, was diese Welt benötigt und uns darauf einlassen, dass wir uns und unsere Religion voranbringen, so dass unser Herr unsere Lage ändert.

So sagt Allāh, der zu allem imstande ist (Al-Qadīr) im Qurʾān:

"Nicht ihr habt sie getötet, sondern Allāh hat sie getötet. Und nicht du hast (den Pfeil) geworfen, sondern Allāh hat (den Pfeil) geworfen. Auf dass Er den Gläubigen damit einer schönen Prüfung unterzieht. Gewiss, Allāh ist Allhörend (Samīʿ), Allwissend (ʿAlīm)." (Sūrah al-ʾAnfāl - Vers 17)

Damit sagt unser Herr sinngemäß: "Denkt nicht, dass ihr irgendwas bewirken könntet. Allāh bewirkt." Und wenn Allāh der Bewirker aller Dinge ist, so wird Er auch die Besserung bringen. Doch dies hat seinen Preis und der beginnt mit dem Gehorsam. Gehorsam gegenüber Seiner ersten Worte an uns:

"Lies! Im Namen deines Herren, der erschuf." (Sūrah al-ʿAlaq - Vers 1)

Samstag, 13. August 2016

Die große Befreiung

An einigen Stellen in diesem Blog hab ich immer wieder darauf hingewiesen, dass wir oft in unseren eigenen Vorstellungen festhängen und uns dadurch eine individuelle Brille maßschneidern, mit der wir dann die Welt gemäß unserem Willen und unserer eigenen Vorstellung betrachten.

Dazu gehören aber auch alle Wertevorstellungen. Man kann jetzt einwenden und sagen, dass wir als Muslime doch den Islam als eine Quelle besitzen, aus der wir unsere Werte entnehmen und somit keine Uneinigkeit bei der Frage nach den Werten entstehen kann. Das ist zwar so als grundlegende Annahme richtig, aber praktisch neigen wir dennoch dazu, uns an bestimmte Vorstellungen festzubinden, und uns damit in einen Käfig zu sperren, bei dem wir zwar denken, dass wir uns an religiösen Werten orientieren würden, aber eigentlich unsere eigenen Vorstellungen maßgebend mit einbauen.

Um zu verdeutlichen, was ich meine, möchte ich euch einige Beispiele nennen, die ich und einige Brüder häufig erleben, wenn uns Fragen zum Islam gestellt werden:

Zwang-Vorstellungen: Das bedeutet, dass man eine Sache mit einer anderen Sache zwingend verbinden möchte. Häufig erleben wir dies, wenn Fragesteller ein Problem haben und schon selbst eine volle Diagnose ihres Problems gemacht haben und dann eine Lösung haben möchten.

Beispiele: Jemand hat Schmerz XYZ und denkt, dass das von Ǧinn kommt und möchte dann wissen, was man dagegen machen kann. Der Einwand: Warum denkt diese Person, dass sein Problem ausgerechnet was mit Ǧinn zu tun hat? Wieso hat er diese Vorstellung?

Oder allgemeiner: Jemand möchte eine Sache unbedingt machen/haben/erreichen weil er meint, dass er genau diese Sache braucht und dass das gut für ihn ist.

Hier erklärt sich eine Person schon selbst die Welt und die Probleme und ihre Ursachen. Ein Verhalten, bei dem man im Herzen kaum einen Raum offen lässt für eine andere Diagnose.

Dieses Verhalten kommt sehr oft vor. Man hat nämlich eine Vorstellung, an der man krampfhaft festhalten möchte. Wenn wir dann alternative Vorschläge machen, kommen dann oft auch Reaktionen, die andeuten, dass das nicht die Antwort ist, die man sich von uns gewünscht hätte.

Persönliche-Zwänge: Das sind Probleme, die nur auf der persönlichsten Ebene existieren. Ich habe dieses Problem bereits in Form von Liebeskummer erklärt, wobei man nicht von einer Vorstellung loslassen kann. Ein weiteres Beispiel ist, wenn zwei Personen verstritten sind und man sich schwertut, diesen Konflikt aus der Welt zu schaffen.

Wenn man sich nur ein wenig bemüht, aus sich selbst heraus zu treten und die Situation wie ein Außenstehender betrachtet, würde man erkennen, dass die Dramen, in die man sich zwingt, vollkommen überspitzte Szenarien sind.

Auf diesen beiden Zwängen baut alles Übel auf. Jede Übertreibung, jede Intoleranz und jede Maßlosigkeit baut darauf auf, dass man sich an eine Vorstellung klammert, die man wahrscheinlich von irgendjemanden oder von der gesamten Gesellschaft erzählt bekommen hat.

Wenn man sich von allen Vorstellungen dieser Art löst und alle eingetrichterten Vorstellungen überdenkt, kann man zu einem mündigen Menschen werden.

Mündig zu sein heißt, dass man bewusst denkt und handelt. Man tut und glaubt nichts, weil es einem so gesagt wurde, sondern weil man sich intensiv damit beschäftigt hat und das Vertrauen und das Bewusstsein entwickelt hat, um sagen zu können, dass man etwas tut oder denkt, worüber man wirklich Wissen besitzt.

Möchtest du uns damit sagen, dass wir den Gelehrten nicht folgen sollen? - Nein, das mag man als Hater vielleicht so rauslesen, aber mit meinem Text möchte ich dies nicht sagen. Gelehrten kann und sollte man vertrauen. Aber auch hier gilt: Vertraue einem Gelehrten nicht, weil man dir von seiner Vertrauenswürdigkeit erzählt hat, sondern informiere dich selbst über jede Person, von der du Wissen nimmst. Vergewissere dich, dass diese Person abgesehen von seinem Wissen auch Weisheit und Verständnis für die Menschen und ihre Umstände besitzt.

Wenn es um Werte und Vorstellungen geht, die durch unsere Religion gegeben werden, benötigt diese Befreiung natürlich Kenntnis und Wissen über die Grundlagen der Religion. Dazu muss man kein Gelehrter sein, sondern man muss wissen, wie man mit Wissen umzugehen hat. Es verbreiten sich nämlich oft solche Parolen wie "Wer der leichteren Meinung folgt, folgt seinen Gelüsten" und als Laie klingt das vielleicht plausibel und richtig. Aber damit man erkennt, dass solche Aussagen so an sich nicht der Wahrheit entsprechen, muss man sich bei jeder Belehrung in dieser Art fragen "Ist das wirklich so?"

Wir müssen uns befreien und dürfen uns nicht abhängig machen von anderen. Wir lieben und ehren die Gelehrten und nehmen Wissen von ihnen. Aber auch ihnen gegenüber dürfen wir nicht übertreiben. Diese Form der Übertreibung zeigt sich z. B. dadurch, dass man nicht akzeptieren möchte, wenn jemand einem Gelehrten nicht folgt, den wir persönlich sehr vertrauensvoll finden.

Diese Kerker, die keine Flexibilität bieten, engen uns ein und verhärten uns. Und der Teufel liebt es, wenn er Diener findet, die keinen Bewegungsfreiraum haben. Denn wer sich in seinem Verständnis nicht bewegen kann, der kann schnell in Bedrängnis und in Schwierigkeiten geraten. So kommt es oft dazu, dass diese Leute Einflüsterungen bekommen und darüber zweifeln, ob sie überhaupt noch Muslime sind, da sie nicht in der Lage sind, diese Einflüsterungen aufzuheben.

Wir müssen frei sein. Sachlich und objektiv. Die Emotionen und persönlichen Vorstellungen müssen in den Hintergrund treten. Erst dann werden wir der Wahrheit um einige Schritte näher kommen können.

"Begreifen sie nicht?" (Sūrah Yāsīn - Vers 68)


Freitag, 5. August 2016

Bist du enttäuscht?


Was bedeutet es, enttäuscht zu werden?

Enttäuschung bedeutet, dass man etwas erwartet und dies nicht in Erfüllung geht. Manche haben sehr hohe Erwartungen an das Leben und daher erleben sie auch oft sehr große Enttäuschungen. Andere haben sich einen festen Lebensweg gezeichnet und sind oft enttäuscht, wenn ihr Leben nicht nach Plan läuft.


Andere sind über Menschen enttäuscht, von denen sie bestimmte Verhaltensweisen nicht erwartet hätten. Und die schlimmste Form der Enttäuschung ist, wenn jemand von Allāh enttäuscht ist. 

Man wird sich wundern und fragen, wie es überhaupt dazu kommen kann, dass jemand von Allāh, dem Erhabenen (Al-ʿAẓīm) enttäuscht sein kann? Die Antwort liegt eigentlich auf der Hand. Man muss etwas von Ihm erwarten, was Er nicht erfüllt hat. Warum erwartet man so etwas? Und was macht man dabei falsch? Damit müssen wir uns genauer auseinandersetzen.

Die grundlegende Prämisse (Annahme) bzw. Überzeugung für uns als Muslime ist, dass unser Herr frei von Fehlern und Unvollkommenheit ist. 


Der erhabene Herr spricht im Qurʾān:


"Sprich: 'Er ist Allāh, der Einzige - Allāh, der Absolute (As-Ṣamad)' " (Sūrah al-ʾIḫlāṣ - Verse 1-2) 


Daraus folgt, dass Er nichts Falsches macht. Wenn Er also etwas zulässt, was man nicht von Ihm erwartet, dann ist die Schuld erstmal ganz sicher nicht bei Ihm. Problem ist jedoch unsere Vorstellung von dem, was gut und was schlecht ist. Wir füllen bestimmte Ereignisse mit unserer individuellen Wahrnehmung und unseren Bewertungen, so dass wir festlegen wollen, was gut und was schlecht ist. Doch der Mensch ist prinzipiell beschränkt und nicht in der Lage, solche Werte absolut zu ermitteln. Sogar wenn man mit Vernunft so nah wie möglich an die absoluten Werte herankommen möchte, so muss man dabei immer noch Platz für genug Demut und Bescheidenheit freilassen, durch die man sich bewusst werden muss, dass man nie mit Gewissheit die richtige Wertvorstellung getroffen hat.

Der Allmächtige (Al-Qādir) sagt im Qurʾān:
"Sprich: 'O Allāh, Besitzer des Königtums, Du gibst Herrschaft, wem Du willst und Du nimmst die Herrschaft, wem Du willst. Du ehrst, wen Du willst und Du erniedrigst, wen Du willst. Von deiner Hand kommt das Gute. Wahrlich, du bist über alle Dinge bestimmend.' " (Sūrah ʾĀli ʿImrān - Vers 26)

Allāh unser erhabener Herr legt hier fest, dass sein Handeln stets das Gute ist. Er definiert und füllt somit seine Bestimmungen als das Gute. Dies zu akzeptieren bedeutet für uns, einzusehen, dass Allāhs festgelegte Werte die eigentlichen Werte sind und nicht unsere subjektiven Wahrnehmungen. Seine Werte sind somit die absoluten. 

Warum erwartet man also etwas von Allāh, was er nicht erfüllt? Weil man offensichtlich unwissend darüber ist, dass man Allāh in der Untersuchung von gut und schlecht nicht unter ein Wertsystem einordnen kann. Vielmehr steht Er, der Allumfassende (Al-Wāsiʿ) über allen Maßstäben und sein Wille definiert alle Maße.

Wer also von Allāh enttäuscht ist, hat sich selbst unwissentlich vergöttert, indem er davon ausging, dass er genauer als Allāh weiß, was gut und schlecht ist. Wenn man im Vorhinein Allāhs Bestimmungen als die vollkommensten ansieht, der hat niemals diesen Raum für falsche Erwartungen und Enttäuschungen.

Diesen Fehler machen wir dennoch mehr oder weniger in einer anderen Form. Es geht dabei darum, dass wir für uns selbst Dinge wünschen, die wir unbedingt erzwingen wollen und die wir für uns als das Notwendige oder das Gute ansehen. (Beispiel: Erfolg in einer Klausur, eine bestimmte Arbeitsstelle, die man sich wünscht, ein bestimmter Gegenstand, eine bestimmte Person, die man heiraten will, eine bestimmte Reise usw.) Das sind alles schöne und gute Dinge. Objektiv betrachtet sind sie nicht mit Werten gefüllt. Sie können also für unsere persönliche Entwicklung gut oder schlecht sein. Dies können wir im Vorhinein erstmal nicht wissen.

Es gibt eine sehr einfache Regel, die wir als Muslime beachten müssen, wenn es um neutrale Dinge geht, die gut als auch schlecht sein können. Keiner von uns darf sich anmaßen, solche Dinge als absolut gut oder schlecht zu definieren. Denn wir würden uns etwas erlauben, was nicht in unserer Hand liegt und was nicht mit unserem beschränkten Wissen erfasst werden kann. Wir wissen nicht, wie sich solche Dinge auf unsere Zukunft und auf unsere Bestimmung im Jenseits auswirken können. Deshalb dürfen wir solche Dinge auch nicht als absolut notwendige Dinge erwarten. Wenn wir dies nicht tun, ersparen wir uns eine Menge Enttäuschungen.

Wir müssen immer in Betracht ziehen, dass Allāh uns von den schlechten Mitteln entfernen und zu den guten Mitteln führen wird, wenn wir immer mit dieser Einstellung auf die neutralen Ziele zulaufen. Wenn unser Herz offen ist für jedes Ergebnis, dann werden wir mit jedem Ausgang zufrieden sein, mit dem Wissen, dass unser Herr uns die bessere der vielen Optionen geben wird. 

Letztendlich machen wir auch das Istiḫāra Gebet, bei dem wir Allāh eine Sache überlassen. Wir gestehen uns dabei ein, dass wir nichts wissen und über nichts gebieten und dass Allāh über alles Bescheid weiß und alles seiner Bestimmung unterliegt. Wir öffnen unser Herz für jeden Ausgang, da wir wissen, dass Allāh der Bestimmer des Guten ist und jeder Ausgang, zu dem er uns führt, gewiss das Gute ist.

Auch bei diesem Thema sehen wir bei den Propheten schöne Beispiele, die uns unser Herr im Qurʾān erzählt:

"Und er (Mūsā) sagte: 'O Herr. Ich bin bedürftig über das, was du mir an Gutem senden mögest.' " (Sūrah al-Qaṣaṣ - Vers 24)

"Und gedenke Ayyūb, als er zu seinem Herrn rief: 'Mich hat wahrlich Unheil erreicht, und Du bist der Barmherzigste aller Barmherzigen.' " (Sūrah al-ʾAnbiyāʾ - Vers 83)

Wir sehen hier zwei Beispiele für etwas, was die Gelehrten als die Schamhaftigkeit der Propheten bezeichnen. Es handelt sich hierbei um eine Scham, etwas von Allāh zu erbitten, aufgrund der Angst, dass sie etwas verlangen könnten, von dem sie denken, dass es gut für sie sei, aber Allāh dies in seinem Allwissen als etwas schlechtes für sie weiß. Daher entziehen sie sich der konkreten Wünsche und wünschen nur das Gute im Allgemeinen, so dass sie sich sicher sein können, dass sie keine konkreten Erwartungen haben und somit auch nicht enttäuscht werden können, weil sie wissen, dass alles, was auf diese Haltung folgt, das Gute von ihrem Herrn ist.

So lasst uns sprechen:

"Unser Herr! Gib uns in dieser Welt Gutes und im Jenseits Gutes und verschone uns vor der Strafe des Feuers!" (Sūrah al-Baqara - Vers 201)

(Rabbanā ʾātinā fid-dunyā ḥasanah - wa fil-ʾāḫirati hasanah - wa qinā aḏāb an-nār)

Freitag, 29. Juli 2016

Online Diskussionen #MuslimProblems

Mein Hauptanliegen mit diesem Blog ist es, wichtige Themen anzusprechen, bei denen die Muslime in der heutigen Zeit oft einen Mangel an ethischen Kenntnissen zeigen. Sie wissen also nicht, wie man sich zu benehmen hat, wobei doch die Regeln rund um das richtige Benehmen einen der wichtigsten Faktoren innerhalb der Repräsentation der Religion und der Einladung zu ihr darstellen.

Eines dieser Felder, in denen Muslime wirklich abgrundtief schlechte Züge zeigen können, ist das Feld der Online-Diskussionen. Die Muslime, zu denen der Allumfassende (Al-Wāsiʿ) folgendes in seinem Buche sprach:
"Rufe zum Weg deines Herren auf, mit Weisheit und schöner Ermahnung - und streite mit ihnen auf die beste Art. Dein Herr weiß gewiss, wer von seinem Wege abgeirrt ist und er weiß wohl, wer die Rechtgeleiteten sind." (Sūrah An-Naḥl - Vers 125)

Genau die Menge, zu denen dieser Vers spricht, verhält sich manchmal so unschön, dass man seine Verwunderung nicht in Worte fassen kann.

Folgende Verhaltensweisen und Probleme zeigen sich sehr häufig:

Problem #1 : Diskretion & Anonymität

Der erste Faktor ist die Diskretion. Das bedeutet, dass man einen gewissen Abstand zu den anderen hat. Man kann tun und sagen, was man will, ohne irgendwelche Konsequenzen zu fürchten. Dies führt dazu, dass man die schlimmsten Aussagen und Beleidigungen nutzen kann, ohne spüren zu müssen, dass der andere einem ins Gesicht schaut und ohne, dass man dem anderen dabei ins Gesicht schauen muss.

So wie Allāh im Qurʾān über die Heuchler sagt:

"Sie würden euch nicht bekämpfen - nicht einmal alle zusammen -, außer in befestigten Städten oder hinter Mauern." (Sūrah al-Ḥašr - Vers 14)

Diese Eigenschaft der Hinterhältigkeit kommt denjenigen zu, die unaufrichtig sind. Normalerweise. Doch heutzutage erleben wir, dass auch viele Muslime sich hinter den "Mauern" der Online-Welt besonders groß fühlen und sich zu Sachen trauen, deren Konsequenzen sie nicht berücksichtigen. Der Grund wieso es überhaupt dazu kommt, führt uns zum nächsten Problem.

Problem #2 : Unwissenheit und Überheblichkeit

Das Problem mit der Unwissenheit ist, dass sie wie ein Gift ist. Je unwissender man ist, umso mehr wirkt sie als Nährboden für Untugenden. Man muss sich nämlich vorstellen, wie das Wissen überhaupt auf einen Unwissenden wirkt. Wenn man keine Ahnung hat und man plötzlich etwas lernt, dann ist das sehr viel im Gegensatz zu dem, was man vorher wusste. Man fühlt sich nun sehr besonders, weil man das Gefühl hat, sehr viel gelernt zu haben. Hierbei entsteht das Problem aber nur deshalb, weil man seinen neuen Wissenstand mit dem vorherigen vergleicht. Dabei muss man sein Wissen mit dem abwägen, was man noch nicht weiß. Das führt aber logischerweise dazu, dass man einsehen muss, dass man noch sehr sehr unwissend ist und hier meldet sich dann das Ego und möchte dieses Minderwertigkeitsgefühl nicht akzeptieren.

Wer es also nicht schafft, bescheiden zu akzeptieren, dass er noch eine Menge nicht weiß und daher lieber schweigen sollte, fängt stattdessen an, überheblich zu werden und Freunde und Bekannte auf aaallll ihre Falschheiten und Irrlehren aufmerksam zu machen. Plötzlich ist die gesamte Welt voller falschen Erneuerungen (Bidaʿ) und nur man selbst hat den perfekten Lebensstil nach Qurʾān und Ahlu Sunnah wal-Ǧamāʿah. Später heißt es dann immer so ganz lässig "Ich bete nicht in dieser und jener Moschee, weil die sind nicht von Ahlu Sunnah" als ob das irgend eine Gang wäre, die mit allen anderen Gangs verfeindet ist.

Und dieses coole Ahlu-Sunnah Label nutzt man dann auch im Internet, um die ganzen bösen Sekten zu widerlegen. YouTube Kanäle, Facebook Seiten und viele weitere kreative Mittel werden eingesetzt, um Widerlegungen am Band rauszuhauen. 

Und wenn es dann zu Diskussionen kommt, fängt es immer damit an, dass beide Seiten lange und zahlreiche Zitate von Gelehrten hin und her copy&pasten und wenn beide Seiten dann die jeweils andere Seite nicht einsehen und akzeptieren wollen, kommen die Beleidigungen die meistens immer mit dem Präfix "dreckig" anfangen, wie "du dreckiger mubtadiʿ" usw. bis es so schlimm wird, dass es gar nicht mehr um die islamischen Themen geht, sondern man nun anfängt, die Personen oder sogar die Gelehrten zu schmähen, die für eine Position stehen.

Am Ende wird die Rage dann mit einem bösen Bittgebet beendet und man geht auseinander. Wer gewinnt? Genau! Der Teufel. Der sitzt nämlich schon die ganze Zeit dabei und isst gemütlich sein Popcorn und erfreut sich an den Sünden, die beide Seiten dabei begehen.

Problem #3 : Fatāwa

Es gibt ein exklusives Problem bei uns in Deutschland und zwar, dass nur bestimmte Rechtsgutachten (Fatāwa) übersetzt werden. Je nachdem, wer die meiste Arbeit in der Übersetzung betreibt, kann somit der gesamten muslimischen Community, welche nicht der arabischen Sprache mächtig ist, ein Schwerpunkt vermitteln, der vielleicht bei den jeweiligen Gelehrten gar nicht der Fall ist.

Es werden Fiqh Meinungen übersetzt und so dargestellt, dass es nur eine Meinung oder eine deutlich starke Meinung gibt und alle anderen Meinungen schwach seien oder es wird von einem Gelehrten nur zur einer Thematik etwas übersetzt, so dass dieser Gelehrte für die deutsche Community so wirkt, als ob er in eine gewisse Richtung geneigt sei usw.

Dies führt zur Polarisation und zur Verschleierung der Realität. Es werden gewisse Schwerpunkte gesetzt und gewisse Neigungen erzeugt, wodurch sich solche Spannungen unter den Muslimen provozieren lassen können. Die Unwissenheit über die möglichen Meinungsverschiedenheiten führt dazu, dass man halt sehr lange davon ausgeht, dass es nur eine Meinung zu einer Sache gäbe und wenn dann einer kommt und das Gegenteil behauptet, entsteht Streit, weil Veränderung das Letzte ist, was der Mensch leiden kann. Wir sind "Gewohnheitstiere" und wenn wir eine Sache eine lange Zeit so annehmen, dann ist das nicht leicht, dass wir uns einfach mal davon loslösen.

Wir müssen also genau deswegen immer in Betracht ziehen, dass zu den übersetzten Themen noch eine Menge hinzukommen könnte und man noch einiges dazu lernen kann. Meinungsverschiedenheiten enstehen nicht einfach so und wenn die Wahrheit immer so klar wäre, würden sie nicht entstehen. Man muss aus diesen Fakten heraus für sich erkennen, dass die Gelehrten schon bescheid wissen, bevor sie Urteile geben und dass somit jeder Gelehrte für seinen Standpunkt auch sicher eine Erklärung hat. Gelehrte sind keine Otonormalmuslime wie du und ich, die man darauf aufmerksam machen müsste, dass dort noch ein anderer Ḥadīṯ vorkommt, der etwas anderes sagt. Sie wissen in der Regel über alle textuellen Grundlagen bescheid und haben schon den Überblick, den wir meistens nicht haben. 

Wir sollten also mindestens tausendmal ins Unendliche überlegen, ob wir einem Gelehrten Unwissenheit vorwerfen wollen.

Problem #4 : Literatur-Mangel zu Adab und Aḫlāq

Auch hier ist das Problem, dass wir zu wenig Zugänge in deutscher Sprache haben. Die meisten Unterrichte zum guten Benehmen und zu islamischen Charaktereigenschaften finden sich in anderen Sprachen. Es gibt viele englische Vorträge über dieses Themengebiet. Aber entweder verstehen manche kein Englisch oder man hat keine Lust, sich 60 Minuten über gutes Verhalten vollquatschen zu lassen. Stattdessen guckt man 60 Minuten Widerlegungsvideos - ist ja auch viel spannender mit den ganzen Special Effects.

Und zum Thema Bücher will ich gar nicht erst kommen. Ich denke in einem der früheren Artikel habe ich genug deutlich gemacht, dass wir eine starke Bücher-Allergie haben und dies mag einer der größten Ursachen für unsere Unwissenheit sein.

Wir müssen uns bemühen, die guten Verhaltensregeln zu erlernen und zu verbreiten. Denn diese sind wichtiger, als die meisten glauben. Mit dem guten Verhalten beginnen die Blüten der Daʿwah. Mit dem guten Verhalten werden die Herzen erobert und Liebe erzeugt.

Unser Herr hat sich nicht umsonst Al-Ḥalīm genannt. Er ist der Weichmütige, derjenige, der im Verhalten zu seinen Dienern die größte Sanftheit und das größte Verständnis zeigt. Wir lieben doch diejenigen, die uns ihre Zuneigung und ihr Verständnis zeigen. Deshalb lieben wir unseren Herrn und wenn wir diese Weichmütigkeit anstreben, werden uns auch die Menschen lieben und somit einen guten Eindruck vom Islam bekommen.

Montag, 25. Juli 2016

Überall fremd? Vielleicht bist du einfach schuld?

Der Prophet, Friede und Segen auf ihm, sagte:
"Der Islam begann als etwas Fremdes und wird als etwas Fremdes zurückkehren. Und frohe Botschaft für die Fremden." (Bei Muslim überliefert - 2. Buch Hadith 389)

Komischerweise wird dieser Ḥadīṯ oft im Zusammenhang mit Szenarien zitiert, wo Erfolglosigkeit im Raum ist. 

Jemand wird bei einem Bewerbungsgespräch abgelehnt.
Jemand schafft seine Prüfungen nicht und bricht die Schule ab.
Jemand wird vor Gericht für eine Straftat bestraft.
Jemand kriegt sein Leben nicht auf die Reihe.

Und auf wundersame Art und Weise erklärt man sich all diese Misserfolge wodurch? Selbstverständlich mit dem Tawḥīd und dem Islām. "Es ist klar, dass die Kuffār uns nicht helfen und die wahren Muslime benachteiligen. Erst wenn man ein bartloser und rauchender Hobby-Muslim wird, eine Freundin hat und den Kuffār nacheifert, werden sie mit dir zufrieden und geben dir, was du willst." 

Ich gebe zu, das ist ein wenig überspitzt. Aber dennoch sind solche und solcherlei Einstellungen ein Teil unserer Realität. Wir finden Geschwister, die ihre Probleme und ihr Versagen immer auf andere schieben wollen. Sie sind zwar stolz auf ihre Religion, aber begreifen nicht, dass sie das Label "Muslim" gänzlich für ihre Identitätskrisen missbrauchen.

Der Islam ist in dem Ḥadīṯ nur deshalb als fremd bezeichnet worden, weil er allgemein immer und immer wieder eine hohe Anzahl an Verleugnern haben wird. Die ethischen und sozialen Gebote werden immer gegen die niedere Natur der Menschen sein. So wird man fremd, wenn man viel spendet, während die Mehrheit der Menschen geizt. Man wird fremd, wenn man denjenigen anlächelt, der einen gerade beleidigt. Man wird fremd, wenn man sich erniedrigt, nur um Frieden zu stiften. Man wird fremd, wenn man immer dankbar ist.

Der Lebendige (Al-Ḥayy) sagt im Qurʾān:

"Und nur wenige von meinen Dienern sind dankbar." (Sūrah Sabaʾ - Vers 13)

"Wahrlich ist Allāh voller Huld gegenüber den Menschen, jedoch danken die meisten Menschen nicht." (Sūrah al-Ġāfir - Vers 61)

Der Islām ist nicht der Grund für unsere Probleme meine lieben Geschwister. Der Islām ist sogar ein Grund für Vorzüge und für die guten Umstände. Diejenigen Muslime, die wir in der Geschichte sehen können und welche den Islām verinnerlicht haben, waren stets exzellente Persönlichkeiten. 

Unser Herr, der großzügig Vergeltende (Aš-Šakūr) sagt im Qurʾān:

"Und wir schrieben in den Psalmen (Zabūr) nach der Ermahnung, dass unsere rechtschaffenen Diener die Erde/das Land erben werden." (Sūrah al-ʾAnbiyāʾ - Vers 105)

Hier verbindet Allāh das Erbe der weltlichen Güter mit der Eigenschaft der Rechtschaffenheit. Die rechtschaffenen Diener haben also nie über ihre materiellen/weltlichen Umstände besorgt zu sein. Sogar wenn der rechtschaffene Diener in Armut lebt, weiß er, dass Allāh ihn die Versorgung geben wird und ohne zu jammern und ohne Erniedrigung weiß er in Dankbarkeit zu ertragen, was ihm an Zuständen widerfährt. 

Somit, meine lieben Geschwister, dürfen wir den Islām nicht dafür nutzen, um unsere Misserfolge zu erklären. Erfolg kommt durch die Taten, die wir tun und durch die Arbeit, die wir leisten, auf die Allāh Gnade, Huld und Segen folgen lässt. 

Wir sollten die Schuld immer bei uns selbst suchen, denn dies ist die Eigenschaft der Propheten, die ja die höchsten der Rechtschaffenen sind.

So erzählt uns der Allmächtige (Al-Ǧabbār) im Qurʾān ihre Geschichten:

"Und Sie (ʾĀdam und seine Frau) sagten: 'Unser Herr! Wir haben uns selbst Unrecht zugefügt. Und wenn du uns nicht vergeben solltest und dich unser nicht erbarmst, so werden wir ganz gewiss von den Verlorenen sein.' " (Sūrah al-ʾAʿrāf - Vers 23)

"Er (Mūsā) sagte: 'O Herr! Ich habe mir selbst Unrecht zugefügt, so vergib mir.' Da vergab Er ihm, denn Er ist ja der Allvergebende (Al-Ġafūr) und Barmherzige (Ar-Raḥīm)." (Sūrah al-Qaṣaṣ - Vers 16)

"Und auch der Mann mit dem Fisch (Yūnus), als er erzürnt wegging. Da meinte er, Wir würden ihm nicht den (Lebensunterhalt) bemessen. Und da rief er in den Finsternissen: "Es gibt keinen Gott außer Dir! Preis sei Dir! Gewiss, ich gehöre zu den Ungerechten." (Sūrah al-ʾAnbiyāʾ - Vers 87)

Hieraus erkennen wir also: Wenn die Propheten in eine schlimme Lage geraten sind, haben sie immer auf ihre Fehler zurück geschlossen. Sie haben erkannt, dass sie das Schlechte nur deshalb trifft, weil sie durch ihre Fehler etwas vorausgeschickt haben, was sie in Form vorn Erschwernissen wieder eingeholt hat.

Daher sollten wir uns nicht über die Menschen oder über das Land, in dem wir leben beschweren. Wir sollten nicht immer alles und jeden so interpretieren, als ob wir exklusiv als Muslime von allen gehasst werden und man uns gegenüber feindlich gesinnt ist. Es ist nämlich nicht so. Denn es kommt immer darauf an, mit welcher Brille wir die Realität betrachten. 

Wenn wir den Weg des Teufels gehen wollen, werden wir sagen:

"Ich bin besser als er" (Sūrah Ṣād - Vers 76)

So führt dies zu dem Verhalten, dass wir uns für etwas Besseres und Exklusives halten und von uns denken, dass wir perfekt sind und unsere Umwelt immer das Schlechte für uns will. Wir werden jeden wie einen Feind sehen und alle unsere Misserfolge werden wir auf andere schließen, statt einfach mal einzugestehen, dass wir selbst schuld sind.

Wer diese Stufe der selbstkritischen Haltung erreicht, wird erfüllt von Motivation und Tatendrang. Von Willenskraft und Demut. Denn man erkennt die Mängel im eigenen Selbst und an diesen kann und muss man arbeiten. Durch die Erkenntnis der eigenen Fehler, werden unsere Herzen weich und gebrochen vor unserem Herrn.

So wird im Musnad ʾAḥmad von Mūsā, Friede sei auf ihm, berichtet:

"Mūsā fragte: 'Wo soll ich dich suchen O Herr?'
Allāh antwortete: 'Suche mich bei denen, deren Herzen für mich gebrochen sind. Ich komme ihnen jeden Tag eine Armspanne näher. Würde ich dies nicht tun, so würden sie sicher verderben.' "

Wenn wir diese Gebrochenheit der Herzen anstreben, werden wir die Nähe zu Allāh spüren und wir werden spüren, dankbar und zufrieden zu sein, egal wo und unter welchen Umständen wir leben.

Samstag, 23. Juli 2016

Facebook Liebeskummer? #MuslimProblems

Aaach die Liebe. Schmetterlinge im Bauch und den ganzen Tag träumt man nur vor sich hin. Oder wie es heutzutage eher der Fall geworden ist: Rasierklingen im Bauch und den ganzen Tag depressive Stimmung.

Ja meine lieben Geschwister. Auch dieses Thema muss hier besprochen werden. Denn es ist leider ein Teil unserer aktuellen Realität geworden, dass die meisten jugendlichen Geschwister in sozialen Netzwerken in eine Liebeskomplikation gefallen sind. Entweder hat man es selber schon erlebt oder kennt Geschwister, die irgendwie da rein gerutscht sind. 

Zwischen den ganzen "Akhis" und "Ukhtis", die sich anhand gewisser Kriterien relativ schnell als Gleichgesinnte identifizieren, ergeben sich magische Momente des hin und her "likens" der Beiträge, bis dann eine diskrete Nachricht (in den meisten Fällen seitens des Bruders) kommt, dass man doch irgendwie Interesse an einem Kennenlernen hätte.

Die Variationen, wie es zu diesem Moment kommt, sind zahlreich. Einige tasten sich voran mit der Like-Methode, während andere gemeinsame Administratoren einer Seite sind und sich dann irgendwann gern haben oder auch aus ursprünglich sehr nützlichen Umständen, wie dass der Bruder/die Schwester der anderen Person in irgend einer Sache hilft, wie in Angelegenheiten der islamischen Fragen oder durch Korrekturen von Texten usw.

In all den Jahren, in denen ich so viele Geschichten in meiner Umgebung miterlebt habe, muss ich irgendwie doch gestehen, dass die Anzahl dieser Fälle beschämend hoch ist.

Am Ende schreiben dann beiden Seite immer mit der Einstellung, dass man doch alles innerhalb der Grenzen Allāhs machen will und dass alles auf "Ḥalāl"-Wege geht. Naja, leider klappt das in den meisten Fällen nicht so gut und es endet in einem Gefühlschaos. Es enstehen verschiedene Stufen der Zuneigung und mit der Zuneigung zerfallen die Grenzen, auf die man ja ursprünglich achten wollte und am Ende will man dann doch ernst werden, schaltet die Familien vielleicht (wenn es überhaupt dazu kommt) ein und es enstehen irgendwie Probleme und dann kracht alles zusammen. Und? Was bleibt? Zwei gebrochene Herzen. 

Daraufhin folgt das klassisch-manische liken von pseudo-depressiv eingestellten Seiten, wo den ganzen Tag tiefsinnige Zitate über die düsteren Seiten des Lebens gepostet werden. So weit das Szenario.

Ich möchte in diesem Artikel einige Denkfehler verdeutlichen, welche diese Geschwister eingehen und wozu das letztendlich immer führt.

Problem #1 : Interpretationsfreiheit

Eines der wichtigsten Probleme sind die Lücken, die beim Kennenlernen einer Person enstehen. Es ist klar, dass man nur das Beste vom Kuchen erfährt. Die Profile geben kein realistisches Bild einer Person ab und was macht man da natürlich? Ja genau! "Logischerweise muss diese Person exakt so gut sein, wie ich mir meine künftigen Partner/meine künftige Partnerin vorstelle. Er/Sie hat letztendlich ein Profilbild mit Bart/Niqab." Falsch! Es gibt eine sehr feine Linie zwischen realistischem ḥusnu ẓ-ẓann (gutes Denken von jemanden) und Leichtsinnigkeit. 

So sagt der Allwissende (Al-ʿAlīm) im Qurʾān:

"Doch sie folgen nur den Vermutungen. Aber wahrlich, die Vermutungen ersetzen niemals die Wahrheit." (Sūrah an-Naǧm -  Vers 28)

Diese Lücken, die man nicht füllen kann mit konkreten Informationen werden immer mit den Wünschen gefüllt, die man an einer Person hat. Träumerei nenne ich sowas. Die Tatsache, dass man sich überhaupt die Möglichkeit als offen hält, auf sozialen Netzwerken einen Ehepartner/eine Ehepartnerin zu finden, ist der eigentliche Grund, warum man überhaupt dazu geneigt sein könnte, jemanden mit so einem Auge zu betrachten.

Problem #2 : Probleme beim Suchen

Ja wir wissen alle, dass das Heiraten eine islamisch und menschlich notwendige und anzustrebende Sache ist. Und ja, die anderen Argumente wie "Es ist in Deutschland so schwer einen Bruder/eine Schwester auf Manhaǧ zu finden." Ja ja, immer der Manhaǧ. Dann gibt es noch die Sündenbock-Methode: "Die Moscheen und Gemeinden helfen nicht richtig." 

Was kommt natürlich als nächstes in Frage? Genau. Man geht auf eigene Faust in die Menge und sucht sich einfach den passenden Partner. Neben den vielen Methoden in der realen Welt, die mehr oder weniger ganz vernünftiger Natur zu sein scheinen, ergeben sich die sozialen Netzwerke für viele Geschwister als die passendste Stelle. Es ist alles diskret und man kann sich vieles zurechtbiegen, bevor man irgendwie zum Thema kommt.

Ich will hier auch die Methoden der sozialen Netzwerke nicht anprangern. Es gibt viele vernünftige Wege, wie man auch online zum guten Ergebnis kommt, aber leider sind die Fälle der unvernünftigen Art immer noch viel zu hoch.

Problem #3 : Gute Absicht

Und wenn man dann, wie auch immer, einen guten Eindruck von einer Person bekommen hat, fängt der Film mit dem Anschreiben an. Es mag sein, dass die Sache ganz sauber anfängt. Man hat eine gute Absicht, will sich kennenlernen, Eltern einschalten usw. usf. 
Wenn es dabei bleiben würde und es sofort zu der Eltern-Szene käme, wäre ja alles theoretisch gut. Aber leider ist das nicht so oft der Fall. Oft gibt es noch erstmal sowas wie "Ja, bevor die Eltern eingeschaltet werden, würde ich gerne noch einiges über dich erfahren." Warum? Ja wegen dem, was schon bei Problem #1 angesprochen wurde. Das meiste weiß man ja gar nicht. Jetzt müssen erst einmal einige Lücken mit echten Fakten gefüllt werden.

Ja und dann fängt der ganze Spaß immer an. Im "sachlichen" Austausch kommt es irgendwann zu Gefühlsentwicklung und die Tonart im Gespräch wird immer lockerer usw. Die wundersame Art und Weise, wie Männlein und Fräulein sich langsam aber sicher doch lockern ist ein Grund zur Vorsicht als auch ein Grund, den Schöpfer dieser Phänomene zu loben.

Der Rest ist dann bekannt. Islamische Ethik rückt in den Hintergrund. Grenzen werden überschritten und es wird maßlos und leichtsinnig gehandelt. Man redet sich vieles schön und entschuldigt auch vieles am eigenen Tun. Wie ein Gift wird die Sündhaftigkeit nicht einmal ein Problem für das Gewissen. 

Der Allweise (Al-Ḥakīm) sagt im Qurʾān:

"Und kommt der Unzucht nicht nahe - seht, das ist ein schändliche Sache und ein übler Weg." (Sūrah al-ʾIsrāʾ - Vers 32)

Die Weisheit der Sache steckt in den Worten des Allweisen. Die Gefühle des Menschen sind so, dass diese Komplikation zwischen den Geschlechtern jeden Menschen gleicherweise treffen kann. Ob man nun von denen ist, die den ganzen Tag im Dienste der Religion sind, oder ob man von denen ist, die eher passiv im Bezug auf die Religion sind. Das spielt keine Rolle. Der Weg beginnt immer mit dem Willen.

Problem #4 : Blindheit der Augen

Dieses Problem greift erst ein, wenn das Szenario anfängt, negative Aspekte zu bekommen. Wie ich bereits erwähnte, gehen diese Geschichten meist in die Hose und bis es ganz zusammenbricht, durchleben beide Seiten einige Konflikte. Kummer, Leid, Ausweglosigkeit, Frust durch Hoffnung und viele weitere Aspekte greifen in unterschiedlichen Momenten ein. 

Diese Probleme beginnen oft klein und werden dann immer schmerzhafter, umso länger man versucht, verkrampft an dem Plan festzuhalten.

Und hier ist das große Geheimnis des Schicksals, welches der Aufrechterhaltende (Al-Qayyūm) auf feinste Art und Weise bestimmt hat. Unser erhabene Herr hat die Angelegenheiten des Herzens so fein gestaltet, dass man das Herz oft eigentlich als Wegweiser nutzen sollte. So wie in einigen ʾAḥādīṯ berichtet wird, empfahl der Prophet, Friede und Segen seien auf ihm, dass man in bestimmten Unklarheiten auf sein Herz hören sollte. 

Unsere Beziehung zu Allāh ist wie ein Handel, bei dem wir Gute Taten vorausschicken, damit diese auf uns zurückwirken als eine Gunst von Allāh. Gleicherweise ist es aber auch mit den schlechten Taten, die wir genau so vorausschicken und oft deutliche Antworten im Schicksal erleben, aber leider geblendet sind, um zu erkennen, was Allāh uns damit sagen will/wollte.

Oft lösen wir Probleme, die uns den Kopf zerbrechen und wenn wir zurückschauen denken wir uns, wie eindeutig doch die Lösung war. Daher ist es sehr wichtig zu wissen, dass man diese eindeutigen Lösungen schon am Schicksal abliest, wo man es noch auf nützliche Art umsetzen kann.

Der (der die Sünden) Verdeckende (As-Sattār) sagt im Qurʾān:

"Was dich an Gutem trifft, kommt von Allāh und was dich an Schlechtem trifft, kommt von dir selbst." (Sūrah an-Nisāʾ - Vers 79)
Im Vers davor heißt es jedoch "Alles ist von Allah" (Vers 78)

Šayḫ al-ʾIslām ibn Taymiyya, möge Allāh sich seiner erbarmen, schrieb zu diesen Versen ein ganzes Buch, worin er einige Aspekte des Schicksals und ihre Lehren verdeutlicht.

So sagt er sinngemäß, dass es sich bei diesen Vers um das Gute und das Schlechte in Form von Taten und Resultaten handelt. 

Während die Taten alle mit unserem Willen beginnen, ist die Verwirklichung unserer schlechten Taten von uns selbst, während die Verwirklichung der guten Taten von Allāh kommt, indem er diese segnet und fördert.

Daraufhin folgen Resultate, die gänzlich von Allāh sind. Haben wir etwas Gutes vorausgeschickt, kommt etwas Gutes. Haben wir etwas Schlechtes vorausgeschickt, kommt etwas Schlechtes.

Auf das angesprochen Problem angewendet, bedeutet dies, lieber Bruder/liebe Schwester, folgendes: 

Wenn Allāh dir dein Vorhaben in Form von Kummer und Leid erschwert und dir Probleme macht, dann nur, weil dein Herz sich bei deinem Herrn beschwert, dass du es in die Sünde gezwungen hast. Wenn Allāh dir das Leben zu einem Ort des Leides macht und graue Wolken aufziehen, dann wisse, dass dein Herz zurück möchte zu Allāh. Denn auch wenn du es nicht weißt... dein Herz weiß, dass wenn Allāh etwas für dich als gut bestimmt hat, dass du auf diesem Weg keine Probleme haben wirst. Wenn doch das Licht der Himmel und der Erde dein Wegweiser ist! Wisse, dass du nicht zu erwarten hast, dass dieser Herr, der Weichmütige (Al-Ḥalīm) dir den Weg zum Guten mit Leid und Kummer pflastern wird.

Verwechsel nicht das Leid, welches die Geprüften erleiden, mit deinem Leid. Während die Geprüften ein Leid im Guten erleben, ist das Leid der Sündigen, nur das Resultat ihrer vorausgeschickten Sünden.

Das Problem bei den Meinungsverschiedenheiten im Fiqh

Kamāl ad-Dīn al-Udfuwī¹ (gest. 747 n.H.): „Bei den umstrittenen Rechtsfragen (masāʾil al-ḫilāf), zu denen kein spezifischer und definitiver ...